Die Regierung von St. Helena verkündete diese Woche, dass ab ca. Ende März 2022 die Flüge mit der südafrikanischen Fluggesellschaft AIRLINK von Johannesburg nach St. Helena wieder aufgenommen werden. In einer ersten Phase ist ein Flug alle zwei Wochen geplant.
Die Flüge ab Südafrika wurden im März 2020 aufgrund der COVID-Pandemie eingestellt und durch Charterflüge der Regierung ab London ersetzt. Diese London-Flüge wurden in einer ersten Phase alle sechs Wochen durchgeführt und in einer zweiten Phase und noch bis Anfang März 2022 alle drei Wochen. Für viele Saints und Expats ging mit den Direktflügen England - St. Helena ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Die Charterflüge nach/von England kosten den immer klammen Schatzmeister der Insel jedoch viel Geld, so dass diese Flugverbindung ab März 2022 eine Fussnote in der Geschichte der Insel St. Helena sein wird. Ob im Zusammenhang mit der wieder hergestellten Flugverbindung von Südafrika auch die zehntägige Quarantänefrist auf St. Helena aufgehoben wird, ist noch nicht bekannt.
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Die regulären Airlink-Flüge ab Südafrika nach St. Helena sind seit mehr als 1 1/2 Jahren suspendiert. Im Moment ist die einzige direkte Verbindung zwischen Südafrika und St. Helena mit dem Frachtschiff HELENA. Während meines Aufenthaltes auf St. Helena erhielt ich die Gelegenheit, das Schiff während seiner Liegezeit an der Kai in Ruperts Bay zu besuchen. Der südafrikanische Kapitän Rudolph van Schalkwyk begrüsste mich an der Gangway und führte mich zur auf dem Hauptdeck gelegenen Passagierkabine. Die helle Kabine besteht aus insgesamt vier Etagenkojen, einer kleinen Sitzecke mit Schreibtisch und Dusche/WC. Die Kabine wirkt sehr hell und in einwandfreiem Zustand. Gemäss Kapitän van Schalkwyk nutzen im Moment vor allem Südafrikaner, die einen temporären Arbeitsvertrag auf St. Helena haben, die Möglichkeit, mit dem Frachtschiff nach oder von St. Helena zu reisen. Gemäss den lokalen Nachrichten war auf dieser Reise Major Wendy von der Salvation Army als Passagierin an Bord. Die HELENA ist ein kleines Frachtschiff, deshalb sind auch die öffentlichen Räume beschränkt. Die ebenfalls auf dem Hauptdeck gelegene Messe, wo die Mannschat wie auch die Passagiere die Mahlzeiten einnehmen, wirkt ebenfalls sehr gepflegt und hell. Ich bin positiv überrascht, da auf kleinen Frachtschiffen, diese Räume oft relativ wenig Tageslicht zulassen. Der Kapitän führt mich auf den Aussentreppe noch in Richtung Kommandobrücke. Wie heutzutage üblich sind die Aufbauten ohne übermässig grosse Decksflächen ausgestattet. Trotzdem gibt es auf jedem Deck etwas Platz um sich die Beine zu vertreten. Sogar ein Fitnessfahrrad war bei meinem Besuch auf einem Deck sicher verstaut, falls ein Passagier sich sportlich betätigen will. Von einem der Nocks hat man einen guten Blick über das Frachtdeck und - wenn auf See - auf die unendliche Weite des Südatlantiks. Der Kapitän wie auch die Crew war zuerst etwas skeptisch als er hörte, dass die HELENA Passagiere akzeptieren wird. Aber die Erfahrungen seien durchwegs positiv meint er. Er verstehe es zwar nicht, was die Passagiere an einer Frachtschiffreise so faszinierend finden. Aber das versteht eigentlich kein Frachtschiffkapitän, wieso man sich das freiwillig antut, auf einem Frachtschiff mitzureisen. Aber für Landratten ist es eine neue Welt, in die man sonst kaum Einblick erhält. Die HELENA fährt alle paar Wochen ab Kapstadt nach St. Helena und - je nach Bedarf - weiter nach Ascension Island. Die einfache Fahrt nach St. Helena dauert ca. sechs Tage, eine gesamte Rundreise inkl. Ascension ungefähr drei Wochen. Da auf St. Helena zum Zeitpunkt dieses Beitrags eine zehntägige Quarantäne gilt ist ein besonderer Vorteil der HELENA dieser, dass die Seetage an die Quarantänezeit angerechnet wird und man normalerweise nur noch vier Tage in Quarantäne muss, bevor man sich auf St. Helena frei bewegen kann. Weitere Informationen zur Frachtschiffreise mit der HELENA erhalten Sie von unserem Schiffsreisepartner Ship'N'Train Travel.
Mein Quarantäne-Quartier ist inkl. Veranda rund 60 Quadratmeter gross und hat alles, was man braucht. Ich platziere das obligatorische Quarantäneschild gut sichtbar beim Eingang und beginne meine 10 Tage Einsiedlerei. Meine zweitgrösste Sorge, ob der Kühlschrank/das Tiefkühlfach mit den bestellten Einkäufen gefüllt war, war grundlos. Auch meine grösste Sorge, dass der bestellte Internetanschluss nicht funktioniert, zerstreute sich schnell. Einzig mit meiner E-Mail-Adresse hatten sie Mühe und dachten wohl, dass mein Vorname "Urs" entweder ein Titel oder ein Verschrieb war und liessen diesen ganz einfach weg. Aber ich kann auch mit nur meinem Nachnamen in der temporären Mailadresse gut leben. Während den zehn Tagen habe ich mich strikt an meine Tagesroutine gehalten, eine Art "Home office light", einfach in einer anderen Umgebung, etwas späterem Arbeitsbeginn, einer längeren Mittagspause fürs Kochen und ein Nickerchen, und pünktlichen Feierabend um 17 Uhr. Jeden Tag zwischen 9 und 12 rief die Gesundheitsverantwortliche an um nachzufragen, ob ich irgend welche Symptome habe und ob alles ok war. Pünktlich um 17 Uhr gab es dann auf der Veranda mein Feierabendbier. Am Tag 2 klingelte das Telefon und ich wurde ultimativ aufgefordert, mich vor dem Bungalow zu zeigen. Von der Veranda der Vermieterin winkte mir dann ein Sicherheitsbeauftragter des Gesundheitsamtes zu und gab mir ein "Daumen hoch", als er mich bei seinem Kontrollbesuch pflichtbewusst vor meinem Häuschen sah. Anschliessend wurde ich anscheinend als vertrauenswürdig eingestuft und es folgten keine weiteren Kontrollbesuche mehr. Das kulinarische Fazit nach zehn Tagen darf als "zufriedenstellend" taxiert werden: kein dramatischer Gewichtsverlust (zugegebenermassen allerdings auch keine Zunahme). Es gab nicht nur Spaghetti sondern, im Rahmen der verfügbaren Lebensmittel, eine - sagen wir es mal so - nicht komplett ungesunde Ernährung. Die guten Ansätze, auch Kartoffeln zu essen und gewisse Gänge mit Zwiebeln zu verfeinern scheiterten nicht am guten Willen, sondern an der fehlenden Verfügbarkeit auf der Insel. Diese kamen erst wieder mit dem nächsten Schiff von Kapstadt nach meiner Quarantäne. Nachdem ich am 9. Tag wieder von einem Fahrer in voller Pandemiemontur zu einem weiteren Test in die zentrale Quarantänestation gefahren wurde und der Test negativ ausfiel, wurde mir am 10. Tag mitgeteilt, dass ich um 19 Uhr aus der Quarantäne entlassen sei. Als die zwei Damen vom Gesundheitsamt, die mir die "Entlassungsurkunde" übergaben, mich mit meinem Kurzhaarschnitt und doch eher maskulinen Aussehen entdeckten, mussten sie sich dafür entschuldigen, dass ich im Brief als "Mrs Urs Steiner" angesprochen werde. Ein weitere Spätfolge meines von meinen geschätzten Eltern gutgemeinten Vornamen-Wahl. Und wie war Tag 11, der erste Tag meiner neu gewonnen Freiheit, ohne Maske, ohne Social Distancing, ohne die dauernde Präsenz von COVID-19? Nach einem Rasiereinsatz, den mein Rasierapparat nach zehn Tagen Ferien an sein Limit brachte, ging es präsentabel auf zum ersten Einkauf ins Zentrum von Jamestown. Erstaunlicherweise gewöhnt man sich sehr schnell wieder daran, sich ohne Einschränkungen/Vorschriften bewegen zu können, wohl auch darum, weil wir in der Schweiz verhältnismässig lockere Einschränkungen hatten im Vergleich zu anderen Ländern. Ein während des strengen Lockdowns in England lebender Bekannter brauchte nach seiner Rückkehr auf die Insel eine gute halbe Stunde nach seiner Ankunft in Jamestown, bevor er sich traute, loszumarschieren, wo er während seines Einkaufs wie im "old normal" von seinen zahlreichen Bekannten herzlichst und ohne social distancing begrüsst wurde.
Überall, wo die Konversation über einen Satz hinaus ging, war die zweite Frage meistens, ob man gerade aus der Quarantäne kam. Und dass St. Helena mit 4'500 Einwohnern ein Dorf ist wurde mir spätestens im Postamt klar, wo ich mir eine Landkarte kaufte. Als ich für die Quittung meinen Namen buchstabierte kam aus der zweiten Reihe die Frage, ob ich derjenige sei, der jeweils um 17 Uhr sein Feierabendbier geniesse. |
AuthorUrs Steiner Archives
Oktober 2023
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