Am 3. März 2023 ankerte wieder einmal ein grosses Kreuzfahrtschiff in James Bay, die maximal 2'800 Passagiere fassende Costa Deliziosa der italienischen Kreuzfahrtreederei Costa. Insgesamt 1650 Passagiere freuten sich auf einen kurzen Besuch der Insel. Rund ein Viertel davon buchte bereits eine Inseltour an Bord des Schiffes, andere buchten vor Ort einen Taxifahrer für eine Tour und andere schlenderten einfach durch Jamestown. Die Lokalzeitung "St. Helena Independent" - nie verlegen um einen bissigen Kommentar - titelte nach dem erfolgreichen Besuch "Cruise Ship or Hospital Ship?" und fragte sich, ob das Schiff nicht nur sechs Stunden sondern sechs Tage hier bleiben will, weil vom Schiff soviel Material an Land transportiert wurde, um den Ausschiffungs- und Einschiffungsbereich auszurüsten.
Zurück zu der Spitalschiff-Bemerkung: Bevor überhaupt erste Passagiere am späteren Vormittag ausschiffen konnten, standen zwei Ambulanzen bereit, welche Passagiere ins lokale Spital brachten. Auch später am Tage wurden die Sirenen der Ambulanzen gehört. Ein Hauptproblem, um dieses für die Insel durchaus interessante Potential an Kreuzfahrtbesuchern auszuschöpfen, liegt am Liegeplatz - respektive an einem fehlenden. Die Schiffe müssen in der Bucht ankern und die Passagiere müssen mit Tenderbooten an Land gebracht werden. Je nach Wellengang hat schon mehr als ein Kapitän eines Kreuzfahrtschiffes entschieden, aus Sicherheitsgründen keine Passagiere an Land zu lassen. Da die Verweigerung eines Landganges an einem aussergewöhnlichen Reiseziel wie St. Helena nicht für eine gute Stimmung an Bord sorgen, überlegen sich die Routenplaner von Reedereien halt zweimal, ob man einen Stopp auf St. Helena wirklich riskieren soll. Auch beim Besuch der Costa Deliziosa war die See nicht ruhig, aber der Kapitän liess den Landgang zu. Interessant die Bemerkung eines Zuschauers an Land: Die Besatzungen der Tenderboote verzichteten auf die Hilfe von Einheimischen beim Landemanöver und hatten deshalb oft Schwierigkeiten, die Passagiere auszuschiffen. Kommentar von einem Saint: Die Leinen zu straff angebunden und der Motor nicht synchron mit den Wellen. Hier haben die Zodiacfahrer von kleineren Expeditionskreuzfahrtschiffen einen Vorteil: Sie sind es sich gewohnt, auch bis zu einem gewissen Wellengang mit den Zodiacs noch Gäste an Land zu bringen (und dann auch wieder sicher zurück).
1 Kommentar
Wird St. Helena nach der Öffnung für Touristen im letzten August überrannt von Besuchern? Nein. Das liegt an mehreren Faktoren: Schon alleine der einzige Flug pro Woche kann maximal um die 100 Passagiere mitnehmen - inkl. Einheimische und geschäftlich Reisende. Neben dieser ersten Hürde sind es vor allem auch die verfügbaren Unterkünfte. In Jamestown stehen nach einer Zusammenstellung von der Wochenzeitung "St. Helena Independent" nur 48 Zimmer mit Dusche/WC zur Verfügung (aktuell krankheitsbedingt sogar nur 44), wovon 30 im Mantis Hotel. Die 18 Gästezimmer ausserhalb von Jamestown und die Selbstverpflegungs-Unterkünfte machen den Braten dann auch nicht mehr feiss. Gerade über die Festtage um Weihnachten/Silvester empfiehlt es sich ein Jahr im Voraus zu reservieren. Aber nicht nur Unterkünfte können rar werden. Gerade für Besucher, die ausserhalb von Jamestown wohnen, ist ein Mietwagen meistens ein Muss. Und diese gibt es auf der Insel auch nur in limitierter Anzahl. Zudem ist kompetentes Personal im Hospitality Sektor schwierig zu finden auf der Insel. Alleine das Mantis Hotel hatte im Februar 2023 15 Stellen ausgeschrieben. Besteht nun die Gefahr, dass aufgrund dieser Mangellage internationale Hotelketten auf St. Helena Hotelbunker aufstellen? Wer schon auf St. Helena war, wird nur schon den Gedanken an einen Hotelbunker für völlig verrückt halten. Die Topografie, die Insel-Infrastruktur, das Fehlen von Stränden und das knappe Gut "Süsswasser" sind nur einige Gründe, wieso das nie geschehen wird. Im April 2017 musste der Flugbetrieb der Landepiste Wideawake auf Ascension Island aufgrund von Schlaglöchern stark eingeschränkt werden. Die RAF-Flüge von England zu den Falklands mussten in der Folge aufgrund der Flugzeuggrösse in Dakar respektive auf den Kapverdischen Inseln zwischenlanden für den nötigen Tankstopp. Das US-amerikanische Militär flog noch wöchentlich nach Ascension und auch der monatliche Charterflug mit einem Flugzeug von Airlink zwischen St. Helena und Ascension Island konnte noch durchgeführt werden.
Die Projektkosten stiegen wie oft bei schwierigen Grossprojekten kontinuerlich an. Es wagt sich noch keiner, die Höhe der Schlussrechnung vorauszusagen, obwohl im August 2022 der östliche Teil der Landebahn freigegben werden konnte und der westliche Teil anscheinend im Frühling 2023 fertiggestellt werden soll. Es werden auf jeden Fall mehrere hundert Millionen US-Dollar sein. Die Kosten werden zwischen der Regierung der USA und Grossbritannien aufgeteilt, obwohl der Flughafen im Besitz der US-Amerikaner ist. Die Lokalzeitung von St. Helena, "St. Helena Independent", spottete in einer der letzten Ausgaben, dass die Kosten für die Reparatur der Landepiste auf Ascension Island wohl rund 60% der Gesamtkosten für den - auch nicht billigen - Flughafen von St. Helena entsprechen werden. Die Ladenbesitzer auf St. Helena sind nicht zu beneiden. Wer Mitte Juni Waren erhalten will, die mit dem Schiff ankommen, muss spätestens Anfang April bestellen. Etwas vergessen? Tja, das nächste Schiff kommt dann sechs Wochen später. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich dieser - vorerst nur für 12 Monate geplante - sechswöchige Lieferzyklus mit der neuen Schiffsroute von Walvis Bay mit der "Maria da Paz" einpendeln wird. Ein Fragezeichen wird auch hinter die bereits hohen Importkosten gesetzt. Traditionell beziehen die Geschäfte von St. Helena viele Waren aus Südafrika. Diese müssten also zuerst von Südafrika nach Walvis Bay verschifft und dort umgeladen werden. Billiger wird es dadurch wohl kaum. Und mit nur noch neun geplanten Lieferterminen im Jahr ist die Insel nicht mehr weit von der Anzahl Schiffsanläufen entfernt, als das erste königliche Postschiff noch eine zweimonatige Rotation England - St. Helena - Kapstadt - St. Helena - Englang fuhr.
Wer jetzt auf die Idee kommt, dass man nun vermehrt Güter als Luftfracht einfliegt, wird wohl auch nicht unbedingt glücklich. Neben dem Kostenfaktor ist es zum Teil fast ein Glücksspiel, ob die gebuchte Luftfracht auch tatsächlich geladen werden kann. Aufgrund der Länge der Flughafenpiste auf St. Helena ist das maximale Landegewicht des Flugzeuges limitiert. Bei vielen gebuchten Passagieren muss dann unter Umständen halt ein Teil der Luftfracht am Boden bleiben in Johannesburg...in der Hoffnung, dass es dann eine Woche später klappt Nur weil es eine kleine, abgelegene Insel ist, heisst es nicht, dass es eine abgeschiedene Idylle ist. Das kleine, im Zentrum von Jamestown gelegene Gefängnis ist längestens nicht mehr zeitgemäss und meistens "ausgebucht". Die Diskussionen um den Bau (respektive die Finanzierung) eines neuen, moderneren Gefängnisses, dauern seit vielen Jahren an. Die Polizei muss sich sehr oft mit Bagatellen herumschlagen. So wurde um die Weihnachtszeit eine Ruhebank an der Seafront beschädigt und eine Fussballtrophäe gestohlen. Für beide Straftatten verfasste die Medienstelle der Regierung jeweils eine Medienmitteilung mit einem Zeugenaufruf. Für in urbanen Regionen lebende Lesende ist dieser Aufwand für zwei - relativ - harmlose Delikte, fast schon amüsierend. Es gibt jedoch durchaus ernste Themen, mit denen sich die Polizei auf der Insel beschäftigen muss. Häusliche Gewalt/sexuelle Belästigung sind Themen, mit denen sich die Polizei und das Gericht regelmässig beschäftigen muss. So schön die Insel und wunderbar die Einwohner von St. Helena generell sind, auch eine abgelegene Lage verschont eine Gemeinschaft nicht vor Problemen.
Seit der Ausserdienststellung des königlichen Postschiffes "St. Helena" 2018 war das kleine Frachtschiff "Helena" das neue Versorgungsschiff für die Insel St. Helena. Ungefähr monatlich brachte das Schiff die bestellte Fracht von Kapstadt auf die Insel. Ab Februar 2023 wird das Schiff in ein anderes Fahrtgebiet wechseln.
Als Ersatz wird die 1999 erbaute "Maria da Paz" ab März 2023 die Insel St. Helena mit allem Nötigen versorgen. Das Schiff wird jeweils von Luanda/Angola via Walvis Bay/Namibia nach St. Helena fahren und von dort zurück nach Luanda. Die Rundreise dauert drei Wochen und es ist geplant, dass das Schiff St. Helena alle sechs Wochen anlaufen wird. Für alle Händler auf der Insel ist also eine äusserst umsichtige Planung nötig. Denn wenn man etwas vergisst zu bestellen oder eine Lieferung verspätet in Walvis Bay eintrifft, dauert es 1 1/2 Monate, bis die Ware auf der Insel ankommt. Bei einem lang gehegten Wunsch - sowohl von den Einheimischen wie auch von den Tourismusdienstleistern - kommt langsam Bewegung. Wie die Regierung von St. Helena Ende November vermeldete, konzentrieren sich die Gespräche im Moment auf eine 50-50-Lösung: Während der touristischen Hauptsaison von November bis April Flüge von Kapstadt, in der touristischen Nebensaison von Mai bis September wie bisher von Johannesburg.
Die Umsetzung wird jedoch noch einen Moment dauern. Da der internationale Flugplan jeweils 12 Monate im Voraus publiziert wird und noch Genehmigungen von der Zivilluftfahrtbehörde erforderlich sind, können die regelmässigen Flüge erst ab voraussichtlich November 2024 erfolgen. Mark Brooks, Minister für Finanzwesen, Infrastruktur und nachhaltige Entwicklung auf St. Helena, sagte: "Ich freue mich sehr, dass Airlink und die Regierung von St. Helena erfolgreich zusammengearbeitet haben. Damit wird die traditionelle Verbindung zwischen St. Helena und Kapstadt wiederhergestellt, die die Insel so viele Jahre lang im Rahmen des Dienstes mit dem Postschiff "St. Helena" genossen hat." Die Mitten im Südatlantik gelegene Insel Tristan da Cunha heisst seit Ende Oktober wieder Touristen willkommen, nachdem die Insel aufgrund der COVID-Pandemie 2 1/2 hermetisch abgeschlossen war für alle, die nicht dort wohnen oder beruflich auf die Insel mussten. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass die Insel von Feriengästen überrannt wird, da sie nur von gelegentlichen Versorgungsschiffen aus Kapstadt aus angelaufen wird. Die einfachste Variante - sofern man bei diesem Reiseziel von einfach sprechen kann - ist die Insel mit einem Expeditionskreuzfahrtschiff anzulaufen und darauf zu hoffen, dass das oft stürmische Wetter das An-Land-gehen erlaubt. Aktuelle Reisen inkl. einer Reise mit dem Forschungsschiff "S.A. Agulhas II" findet man bei unserem Schiffspartner Ship'N'Train Travel.
Viele Touristen - aber auch die grosse St. Helena Diaspora in Kapstadt - wünschen sich schon lange regelmässige Flugverbindungen mit AIRLINK von Kapstadt nach St. Helena. Aktuell werden Flüge nur ab Johannesburg angeboten und man muss aufgrund der Flugzeiten jeweils in Johannesburg übernachten.
Im Oktober erwarb AIRLINK 40% der Anteile an FLY NAMIBIA, aktuell der einzigen namibischen Fluggesellschaft nach dem Konkurs von Air Namibia während der COVID-Pandemie. Was könnte das für St. Helena bedeuten? Aktuell müssen die Flüge von Johannesburg nach St. Helena in Walvis Bay einen technischen Zwischenhalt zum Auftanken einlegen. Die Regierung von Namibia verbot jedoch vor der Pandemie, dass in Namibia Passagiere zusteigen können. Das kann möglicherweise darauf zurückzuführen sein, dass sich ursprünglich AIR NAMIBIA auch für die Flugroute nach St. Helena interessierte, die südafrikanische SA AIRLINK jedoch das Rennen machte. Das mit der Verweigerung der namibischen Behörden, während des Zwischenhalts in Namibia auch (Umsteige-)Passagiere zuzulassen, kann eine entsprechende Retourkutsche gewesen sein. Das Passagieraufkommen nach St. Helena wird - von der Weihnachtszeit vielleicht abgesehen - in absehbarer Zeit keinen Direktflug von Kapstadt nach St. Helena rechtfertigen. Möglicherweise kann aber mittelfristig die neue Zusammenarbeit zwischen AIRLINK und FLY NAMIBIA eine Umsteigeverbindung in entweder Walvis Bay oder Windhoek von/nach Kapstadt ermöglichen. Sollte Windhoek Hosea Kutako als Umsteigeflughafen gewählt werden, so könnte von Frankfurt aus sogar Umsteigeverbindungen ohne Übernachtungen in Windhoek möglich sein. Gem. Aussage des CEOs von AIRLINK seien in der Zwischenzeit die regulatorischen Hürden überwunden. Aber es gäbe auch noch offene operationelle Fragen, welcher Flughafen als Umsteigeort gewählt werden sollte. Die grösste Hürde sind aber kommerzielle Überlegungen: Im Moment sei das Passagieraufkommen schlicht zu klein, als dass sich eine Änderung des status quos aufdrängen würde. Da die Flugzeuggrösse für Flüge nach St. Helena unter anderem aufgrund der Pistenlänge limitiert ist, kann das Passagieraufkommen nur minim gesteigert werden. Fazit: Es dürfte noch lange dauern, bis die von vielen gewünschte Anschlussverbindung ab Kapstadt realisiert werden wird - sofern überhaupt. Wer über die Insel und dessen Geschichte etwas detaillierter informiert sein will findet in der jährlich erscheinenden Zeitschrift "Wirebird" vom Verein "Friends of St. Helena" immer spannende und zuweilen ungewöhnliche Geschichten über St. Helena. In der soeben erschienen Ausgabe 51 werden zum Beispiel die folgenden Themen behandelt:
Die Zeitschrift wird ausschliesslich den Mitgliedern der "Friends of St Helena" zugestellt und ist nicht im öffentlichen Handel erhältlich. Die Mitgliedschaft kostet für £ 30.-- pro Jahr (ausser man lebt in England oder auf St. Helena, dann wird es billiger). Neben dem "Wirebird" erhält man zweimal jährlich noch die Zeitschrift "St Helena Connection", welche jeweils aktuelle Themen aufgreift. Anmelden und informieren kann man sich auf www.friendsofsthelena.com oder per E-Mail an info@inselwelten.ch. |
AuthorUrs Steiner Archives
Oktober 2023
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